Wirtschaftsprüfer:innen werden ohne Studium in Österreich: Möglichkeiten & Voraussetzungen

In Österreich ist der Beruf der Wirtschaftsprüfer:innen streng geregelt. Üblicherweise führt der Weg über ein abgeschlossenes Studium in Wirtschaft, Recht oder Finanzwesen, das Voraussetzung für die Ausbildung und die Fachprüfung ist.

Es gibt jedoch auch alternative Zugänge: etwa über die Bilanzbuchhaltung, viele Jahre Berufserfahrung im Rechnungswesen oder den Abschluss spezieller Prüfungen. Diese Wege sind zwar länger und mit strengeren Anforderungen verbunden, eröffnen aber dennoch die Möglichkeit, Wirtschaftsprüfer:in zu werden.


Voraussetzungen ohne Studium

Wer in Österreich Wirtschaftsprüfer:in werden möchte, ohne ein Studium abgeschlossen zu haben, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) regelt die rechtlichen Grundlagen. Dabei gilt: Je weniger formale akademische Ausbildung vorhanden ist, desto umfangreicher und länger müssen die Praxiszeiten und fachlichen Nachweise sein.

Erforderlich sind insbesondere:

  • mehrjährige, einschlägige Berufserfahrung im Rechnungswesen oder in der Wirtschaftsprüfung

  • Fachkenntnisse in Rechnungslegung, Unternehmensrecht, Steuerrecht und Finanzierung

  • Nachweise über absolvierte Kurse oder Prüfungen, die praxisnahes Wissen dokumentieren

Damit ist klar: Ohne Studium ist der Weg zwar möglich, aber mit deutlich höheren Anforderungen und einer längeren Ausbildungszeit verbunden.


Alternativen zum klassischen Bildungsweg

Wer kein Studium absolviert hat, kann in Österreich dennoch über anerkannte Fachausbildungen und umfangreiche Berufspraxis den Zugang zum Beruf schaffen. Entscheidend ist dabei eine Kombination aus zusätzlichen Qualifikationen und langjähriger Erfahrung, die von der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) geprüft und anerkannt wird.

Fachausbildungen & Praxisjahre

Besonders häufig nutzen Kandidat:innen anerkannte Fachausbildungen als Grundlage. Dazu zählen etwa die Bilanzbuchhalter:innen-Prüfung oder die Tätigkeit als Steuerberater:innen-Assistent:in. Diese Qualifikationen allein reichen nicht aus, sie können aber die Basis für die Zulassung zur weiteren Ausbildung bilden.

Darüber hinaus spielt die Anzahl und Qualität der Praxisjahre eine entscheidende Rolle. Mehrjährige Erfahrung im Rechnungswesen, in Kanzleien oder in der Wirtschaftsprüfung ist notwendig, um den fehlenden Studienabschluss auszugleichen.

Anrechenbarkeit von Berufserfahrung

Die KSW legt großen Wert darauf, dass praktische Berufserfahrung nachvollziehbar dokumentiert wird. Dazu gehören Tätigkeiten wie die Mitarbeit an Jahresabschlussprüfungen, die Erstellung von Gutachten oder die Verantwortung im Rechnungswesen. Anerkannt werden nur praxisnahe Tätigkeiten, die in direktem Zusammenhang mit der Wirtschaftsprüfung stehen.

Die Praxisjahre müssen detailliert nachgewiesen werden – etwa durch Arbeitszeugnisse oder Bestätigungen von Kanzleien. Erst wenn die KSW diese Erfahrung anerkennt, ist der weitere Weg in den Beruf möglich.


Besonderheiten und Herausforderungen

Der Weg in den Beruf Wirtschaftsprüfer:in ist ohne Studium mit besonderen Herausforderungen verbunden. Einerseits müssen Kandidat:innen nachweisen, dass sie über dieselben Kompetenzen verfügen wie Absolvent:innen mit Hochschulabschluss. Andererseits gelten strengere Anforderungen an die Dauer und den Umfang der Berufspraxis.

Besonders herausfordernd sind:

  • die längere Ausbildungszeit, da fehlende Studieninhalte durch Praxis kompensiert werden müssen

  • die strengere Prüfung durch die KSW bei der Anerkennung der Berufserfahrung

  • die höheren Anforderungen bei der Zulassung zur Fachprüfung

Dieser Weg ist vor allem für praxisorientierte Personen interessant, die sich über viele Jahre Berufserfahrung das notwendige Wissen aneignen konnten und bereit sind, zusätzliche Hürden zu meistern.


Perspektiven für Wirtschaftsprüfer:innen ohne Studium

Wer es schafft, über Fachausbildungen und lange Praxiszeiten in den Beruf einzusteigen, hat ähnliche Perspektiven wie Kolleg:innen mit Studium. Unterschiede bestehen jedoch oft in der Geschwindigkeit des Karriereaufstiegs, da Absolvent:innen eines Wirtschaftsprüfer:innen-Studiums meist einen schnelleren Zugang zur Ausbildung und zur Fachprüfung haben.

Kandidat:innen ohne Studienabschluss bringen dafür häufig langjährige praktische Erfahrung mit und sind oft in speziellen Fachgebieten besonders qualifiziert. Kanzleien und Unternehmen schätzen diese Spezialisierungen, wenngleich für Führungspositionen vorwiegend ein formaler Studienhintergrund bevorzugt wird.

Weitere Informationen zum klassischen Ausbildungsweg finden sich im Artikel Wirtschaftsprüfer:innen-Ausbildung in Österreich. Details zur abschließenden Fachprüfung sind im Beitrag Wirtschaftsprüfer:innen-Prüfung in Österreich beschrieben.


Fazit

Ohne Studium Wirtschaftsprüfer:in zu werden, ist in Österreich zwar herausfordernd, aber möglich. Der Weg führt über Praxis, Weiterbildung und Prüfungen – mit mehr Zeitaufwand, aber realistischen Chancen.
Wer sich früh spezialisiert, kontinuierlich weiterbildet und die Anforderungen der KSW im Blick behält, kann auch ohne klassischen Studienabschluss eine Karriere in der Wirtschaftsprüfung aufbauen.



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